Japan – Geschichte Edo
Am 14.03.1603 wurde Tokugawa Ieyasu zum Shogun ernannt. Er blieb aber im Kanton-Gebiet, in seiner Residenz in Edo. Ieyasus Rücktritt 1605 änderte nichts an seiner politischen Aktivität und seinem Einfluß. Eine neue Zentralverwaltung aufzubauen, hatte schon Toyotomi Hideyoshi begonnen, aber erst Ieyasus Enkel Tokugawa Iemitsu (3. Shogun 1623-51) schloß diese Arbeiten ab: nächst dem Shogun standen zwei Ratsgremien (Roju und Wakadoshiyori), zeitweilig unter einem Präsidenten, die Ressortchefs und die Verwalter großer Städte und Festungen waren ihnen unterstellt. Mit einem ausgefeilten Kontrollsystem wurden sowohl die Daimyo als auch das einfache Volk, zu Gruppen von je 5 Familien zusammengefaßt, überwacht. Seit 1635 mußten sich die Landesherren jedes zweite Jahr in Edo aufhalten (sankin kotai), ihre Familien wohnten dort ständig.
Die christliche Mission (1549 durch den spanischen Jesuiten Franz Xaver begonnen) und die Auslandsbeziehungen entwickelten sich ziemlich ungestört. Das Christentum wurde anfangs als Gegengewicht gegen den Buddhismus geduldet, bei seinem Feldzug gegen Shimazu Yoshihisa 1587 hatte Toyotomi Hideyoshi jedoch die Ergebnisse des Wirkens christlicher Missionare gesehen, damals gab es auf Kyushu etwa 125000 Christen. Er verwies die Geistlichen des Landes, griff aber nicht streng durch. 1614 verbot Ieyasu die Konversion Adliger und wies die Missionare erneut aus. Zu seinen Beratern gehörten der portugisische Jesuit Joao Rodrigues Girao (1561-1634) und der Engländer Williams Adams (1564-1620). 1609 wurde den Niederländern die Eröffnung einer Faktorei in Hirado erlaubt, 1613 den Engländern.
Mit der Belagerung der Burg Osaka (1614-1615), dem Sitz von Toyotomi Hideyoshis Sohn Hideyori, beseitigte Ideyasu die letzten Rivalen. Am 4.6.1615 fiel die Burg, Hideyori beging Selbstmord, sein Sohn wurde 14 Tage später hingerichtet. Tokugawa Ieyasu starb ein Jahr später und sein Sohn und sein Enkel führten zwar seine Innenpolitik fort, außenpolitisch kam es jedoch zur Isolierung des Landes (sakoku). Der Christenaufstand von Shimabara 1637/38 löste eine Christenverfolgung aus und diente als Begründung für die Abschließung, Japaner durften das Land nicht mehr verlassen, die Portugiesen erhielten 1639 Einreiseverbot. Fortan durften nur Niederländer in Japan landen. 1641 wurde ihne die künstliche Insel Dejima im Hafen von Nagasaki als ausschließlicher Aufenthaltsort zugewiesen, wo sie bis 1854 grundsätzlich von den Einheimischen isoliert ihren Handel trieben. Von hier aus vermittelten sie europäisches Wissen nach Japan und Kenntnisse über Japan nach Europa.
Um die Mitte des 17. Jahrhunderts begann ein wirtschaftlicher Aufschwung, eine städtisch-bürgerliche Kultur entstand. Während der Genroku-Zeit (1688-1704), unter dem gelehrten Shogun Tsunayoshi (5. Shogun 1680-1709), erlebte das Land wissenschaftlich und künstlerisch eine neue Blüte, aber auch einen finanziellen Rückschlag. Die Münzverschlechterung führte zu Preissteigerungen, die vor allem die Landbevölkerung und die wenig begüterten Samurai betrafen. Arai Hakuseki (1657-1725), Berater der beiden folgenden Shogune, suchte erfolglos die Finanzen zu stabilisieren, u.a. durch die Beschränkung des Außenhandels. Auch Tokugawa Yoshimune (8. Shogun 1716-1745), ein tatkräftiger und aufgeschlossener Politiker, konnte wirtschaftlich keine nachhaltigen Verbesserungen erzielen. Nach 1751 setzte allmählich auf allen Gebieten ein Rückgang ein, nur kurz unterbrochen durch die Amtszeit von Matsudaira Sadanobu. Literatur, Wissenschaft und bildende Kunstbrachten wieder Meisterwerke hervor, aber nicht mit Nara/Kyoto sondern Edo als Zentrum.
Mizuno Tadakuni (1794-1851) konnte den wirtschaftlichen Rückgang zunächst aufhalten. Das Auftauchen fremder Schiffe verursachte allerdings Probleme. Wiederholt war es an der japanischen Küste zu Zusammenstößen mit Angehörigen fremder Staaten gekommen, bevor die Amerikaner 1846 erstmals in der Bucht von Edo erschienen und die Öffnung Japans verlangten. Aber erst Commodore Matthew Calbraith Perry (1794-1858), der bereits 1853 mit vier Kanonenbooten in der Bucht von Tokio erschienen war, erzwang bei seinem zweiten Besuch in dieser Bucht mit einem größeren Geschwader den Vertrag von Kanagawa (31.3.1854) zur Öffnung von zwei Häfen für Handel und Versorgung. Bald darauf wurden ähnliche Verträge mit anderen Staaten abgeschlossen (mit Preußen am 24.1.1861). Das Handelsabkommen mit den USA (1858) spitzt die Lage aber weiter zu und verursachte eine schwere innenpolitische Krise. Als der Tairo (höchstes Amt unter dem Shogun) Ii Naosuke (1815-1860) Tokugawa Yoshinobu bei der Neubesetzung der Shogunatsleitung überging, spitzte sich die Lage weiter zu. Den blutigen Auseinandersetzungen fiel auch dieser Tairo zum Opfer. Allmählich setzte sich eine Gruppe durch, die eine Neuordnung der innenpolitischen Verhältnisse unter dem wieder in seine alten Rechte eingesetzten Kaiser herbeiführen wollten. Auch die Aufrechterhaltung der ohnehin nur noch unvollkommenen Abschließung des Landes war inzwischen von vielen als undurchführbar erkannt worden. Die vereinigte militärische Macht der Lehen Satsuma, Choshu und Tosa bemächtigten sich 1867 der kaiserlichen Hauptstadt Kyoto und zwang den nun eingesetzten Tokugawa Yoshinobu (15. Shogun 1867/68) zur Rückgabe der Regierungsgewalt an den Kaiser Mutsuhito (Tenno 1867-1912). Am 3.1.1868 bildete der Kaiser eine provisorische Regierung und nahm das Rücktrittsgesuch des Shogun an.